ÄrzteTag

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Professorin Ulrike Bingel über Placebos und die Macht der Erwartung

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Placebo-Tabletten wirken selbst dann, wenn die Patientinnen und Patienten wissen, dass das keine „echten“ Medikamente sind. Das ist für chronische Schmerzen, für Fatigue oder depressive Verstimmungen nachgewiesen worden. Es braucht aber gar keine bunten Placebos. Der Placebo-Effekt lässt sich auch ohne Scheinmedikamente nutzen, nämlich indem eine entsprechende Erwartungshaltung erzeugt wird, erläutert Professorin Ulrike Bingel im „ÄrzteTag“-Podcast. Und das gelte nicht nur für Schmerzsyndrome. Es gibt kein System des Körpers, für das keine Placebo-Effekte beschrieben worden sind.

Worum es geht, sind Erwartungen an und Erfahrungen mit Therapien und Therapeuten. Wir sprechen dabei nicht über psychologische Effekte oder gar „Einbildung“, sondern objektiv nachgewiesene physiologische Effekte. Gelingt es, die Mechanismen „Erwartung“ und „Lernen“ personalisiert zu steuern, lässt sich jede spezifische Therapie modulieren – zum Guten wie zum Schlechten. Auch darüber spricht Ulrike Bingel. Nocebo-Effekte gelte es natürlich möglichst zu vermeiden, also negative Erwartungen an eine Therapiemaßnahme. Diese könnten ebenso wirkmächtig sein wie Placebo-Wirkungen: „Da hole ich mal was aus dem Giftschrank!“ – das klingt gar nicht gut! (Dauer: 19:10 Minuten)


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by Gchen on
Ein Jahr Probleme mit einer entzündeten Achillessehne. Durchmesser, eine Seite 6mm und die andere 12mm. Den Arzt gewechselt. Der Orthopäde und Sportmediziner: „Ich habe ein wunderbares Medikament für Sie. Es hilft, mit Sicherheit.“ An der Rezeption ließ ich mir den Namen geben. Es waren fünf verschieden homöopathische Präparate gemischt, das gespritzt werden sollte. Zu diesem Arzt bin ich nie mehr gegangen. Auch das gab es schon, spielt der Patient bei der Suggestion nicht mit, kam eine entsprechende forsche Antwort seitens des Arztes. Da man ohnehin dem Mechanismus des Placebos auf die Spur kommt, sollte man sich nur darauf konzentrieren, den neurologischen Prozess initiieren. Der Patient muss erst einmal aus dem Esoterischen heraus geholt werden, über die Steuerungssysteme des Gehirns aufgeklärt werden. Das aber wollen wohl die wenigsten, wegen des wunderbaren Hoffnungsgefühls, der Hilfe von außen. Das eigene Gehirn soll Entzündungen hervorrufen können bzw. abklingen lassen? Kann man erwarten, dass das verstanden wird, zumal wenn man auch noch krank ist? Die Meinung von Ärzten, um auf der sicheren Seite zu sein, wird besser nichts offengelegt. Und die Nebenwirkungen von Medikamente wird selten erläutert, meist verharmlost. Man befindet sich in einem Glaubenskomplex zwischen Arzt und Patient und der geht in unterschiedliche Richtungen los. Der „Körper“ hilft sich allerdings auch selbst, ob nun ein Medikament oder Placebo verordnet wird oder gar nichts. Und deshalb wird es schwer zu ermitteln, überhaupt zu unterscheiden, ob nun etwas wirkt oder halt nicht, was letztlich den Ausschlag gegeben hat. Behandlungserwartung, das scheint mir ein guter Ansatz zu sein, aber in der Beratungszeit selbst muss man die neurologischen Prozesse erfassen können, sehen, ob man den Patienten erreicht. Wenn der Patient JA sagt, ist noch immer nicht JA gemeint. Und umgekehrt, was vollzieht sich im Kopf der Ärztin, des Arztes? Und generell, was ist mit Ernährungsberatung, mit unserem Mikrobiom, den gegenseitigen Wechselwirkungen? Man erforscht wichtige Zusammenhänge, keine Frage. Wir kann man Umdenken bewirken, wäre oft der bessere Weg.

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Über diesen Podcast

ÄrzteTag - der tägliche Podcast der "Ärzte Zeitung". Wir blicken kommentierend und persönlich auf den Tag, wichtige Ereignisse und Meilensteine. Wir laden Gäste ein, mit denen wir über aktuelle Ereignisse aus Medizin, Gesundheitspolitik, Versorgungsforschung und dem ärztlichen Berufsalltag reden.

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