ÄrzteTag

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00:00:06: Willkommen zum Erztetag, dem Podcast der Erze Zeitung.

00:00:09: Mein Name ist Hauke Gerloff, ich bin stellvertretender Chefredakteur.

00:00:12: Heute geht es um ein absolutes Hype-Thema in der Publikumspresse und um ein innerärztlich durchaus kontrovers diskutiertes Thema, Anti-Aging oder auch Longevity.

00:00:25: Und in der Leitung begrüße ich jemanden, der zu diesem Thema mit Sicherheit sehr gut sprechfähig ist.

00:00:32: Prof.

00:00:33: Bernd Kleine-Gunk, Gynäkologe in Nürnberg und als Präsident der German Society of Anti-Aging Medicine mit dem Thema sehr vertraut.

00:00:43: Hallo, Herr Prof.

00:00:44: Kleine-Gunk.

00:00:46: Ja, gerne auch.

00:00:47: Vielen Dank für die Einladung.

00:00:48: Prof.

00:00:49: Kleiner Gunk, wollen Sie vielleicht als erstes ein paar Takte über sich erzählen und Ihre Praxis, bevor wir ins Thema einsteigen?

00:00:56: Ja gut, Sie haben schon gesagt, ich bin von Hause aus Gynäkologe, habe auch immer noch eine Gynäkologische Privatpraxis, weil lange Zeit Chefarzt in der Euromed Klinik, das ist die größte deutsche Privatklinik damals gewesen, jetzt sozusagen mich vom operativen, also chirurgischen, verabschiedet, mache jetzt tatsächlich nur noch eine kleine Privatsprechstunde.

00:01:14: Gynäkologisch, weil ich mich... immer mehr auf das Thema Longevity auch konzentriere.

00:01:20: Das mache ich schon seit fünf, zwanzig Jahren.

00:01:22: Hab dazu viele Bücher geschrieben.

00:01:24: Bin auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anti-Aging-Medizin.

00:01:27: Da sind zwischen tausend, treibenden Ärzte aus allen möglichen Disziplinen drin.

00:01:32: Und halt auch viele Vorträge zu dem Thema.

00:01:35: Also finde ich sehr, sehr spannend, was ich da tut.

00:01:38: Okay.

00:01:39: Und Sie, Sie haben es jetzt gesagt, Sie betreiben in Ihrer Praxis seit fünfundzwanzig Jahren Donnerwetter Anti-Aging Medizin.

00:01:46: Was verstehen Sie genau unter Anti-Aging Medizin oder Longevity?

00:01:52: Ja, vielleicht muss man die Begriffe tatsächlich so ein bisschen unterscheiden.

00:01:54: Also lange Zeit haben wir immer nur von Anti-Aging Medizin gesprochen.

00:01:58: Auch meine Gesellschaft heißt ja German Society of Anti-Aging Medicine.

00:02:02: Inzwischen bevorzugen wir eigentlich den Begriff Longevity.

00:02:05: Was ist der Unterschied?

00:02:07: Und die Aging ist ein bisschen gekrappert worden von der Ästhetikfraktion.

00:02:11: Das heißt, also viele, die in dem Bereich unterwegs sind, sind ästhetische Dermatologen, plastische Chirurgen.

00:02:16: Wenn sie so auf den Anti-Aging-World-Kongress gehen, der findet einmal im Jahr in Monaco statt, da sind ninety-fünf Prozent, sind Ästhetiker.

00:02:23: Auch ich, wenn ich sage, ich mache Anti-Aging-Medizin, dann fragen mich die Leute immer, ja, was für eine Creme empfehlen sie denn da?

00:02:29: Longevity geht eher darum, gesund zu altern.

00:02:33: Also Anti-Aging ist alt werden und dabei jung aussehen.

00:02:36: Longevity ist alt werden und dabei gesund bleiben.

00:02:39: Das ist.

00:02:39: Es sind ja ganz verschiedene medizinische Aspekte, die da auch zusammenspielen.

00:02:44: Wollen Sie so ganz kurz so einen kleinen Überblick geben, was es da alles gibt?

00:02:48: Also ich habe jetzt am Wochenende, habe ich was gelesen, das waren irgendwie zehn Unterpunkte, wo es da um ... Endocrinologie, es ging um bestimmte Medikamente, die nebenbei auch noch gegen das Alt werden, was tun und so weiter und so weiter.

00:03:03: Wollen Sie einen ganz kleinen Überblick unseren Hörern geben?

00:03:07: Ist ja nicht jeder der Anti-Aging-Medizin-Gesellschaft.

00:03:11: Also Longevity ist inzwischen tatsächlich das, was Fontane schon als ein weites Feld bezeichnet hat.

00:03:16: Das heißt also, da spielt... Lebensstil mit rein.

00:03:19: Das spielt die Endocrinologie mit rein.

00:03:21: Das ist auch der Grund, warum ich als endocrin ausgerichteter Gynäkologe den Zugang zugefunden habe.

00:03:29: Da spielen inzwischen Supplements in natürlich eine große Rolle.

00:03:32: Da spielen jetzt auch Medikamente tatsächlich eine Rolle.

00:03:36: Also es gibt jetzt so die ersten Ansätze.

00:03:38: Altern auch mit Pharmakazutherapien, mit Formin, Rappermizin.

00:03:43: Die GLP-I Analoga werden da immer wieder erwähnt.

00:03:46: Dann gibt es teilweise eher im Ausland Therapien wie Young Plasma, Plasma-Ferese.

00:03:54: Also da geht es dann schon in den etwas invasiveren Teil.

00:03:58: Aber das meiste ist tatsächlich immer auch noch Lebensstil, also Ernährung, Bewegung, Stressreduktion und so weiter.

00:04:05: Sie haben eben gerade gesagt, Medikamente um Alter zu therapieren, ist Alter eine Krankheit?

00:04:11: Ja, Altern ist sogar mehr als eine Krankheit.

00:04:13: Altern ist die Mutter aller Krankheiten.

00:04:15: Wenn Sie sich anschauen, wer in der westlichen Welt, woran stirbt, dann sind eigentlich neunzig Prozent.

00:04:21: All dieser Erkrankungen sind altersassociierte Erkrankungen.

00:04:24: Also das gilt für kardiovaskuläre Erkrankungen.

00:04:27: Das gilt auch für Krebserkrankungen.

00:04:29: Krebs ist auch im Wesentlichen eine Alterserkrankung.

00:04:32: Das gilt für Osteoporose, was jetzt nicht unbedingt immer gleich zum Tod führt, aber doch zu Invalidität.

00:04:38: Das gilt für die Demenz.

00:04:40: Das sind ganz verschiedene Erkrankungen.

00:04:43: Ein Risikofaktor ist Ihnen allen gemeinsam und sie ist auch tatsächlich der entscheidende.

00:04:47: Und das ist zunehmendes Altern.

00:04:49: Und wer da eine vernünftige Prävention machen muss, der muss sich auf Altern tatsächlich konzentrieren.

00:04:55: Genauso tun wir in der Longevity Medizin.

00:04:57: Wir behandeln Altern, um Gesundheit zu erhalten.

00:05:00: Wir haben es ja eben schon gesagt.

00:05:01: Longevity ist ein absolutes Hyptema.

00:05:04: Überall ist darüber zu lesen.

00:05:07: und in der Publikumspresse im Fernsehen überall.

00:05:10: Ich erinnere mich in den Siebzigerjahren, da gab es diesen Begriff schon einmal.

00:05:14: Meine Mutter kam mal aus einer ... Kur zurück und sagte, sie hätte ein Long-Evity-Programm mitgemacht.

00:05:20: Da ging es dann vor allen Dingen um Lebensstil, also um Kneipgeschichten vielleicht oder vielleicht ein bisschen Spazierend draußen in der frischen Luft und sich bewegen und so weiter.

00:05:32: Heute ist das ja schon ein bisschen anders.

00:05:33: Das ist ja eigentlich das privatmedizinische Thema par excellence.

00:05:38: Und es ist ein Thema für die Industrie ja auch geworden.

00:05:41: Nahrungsergänzungsmittel, Sie haben es eben gesagt, Arzneimittel, Hormone und und und.

00:05:46: Professor Kleine-Gunk, ist das Thema eigentlich Angebotsgetrieben, also von Ärzten oder von der Industrie mehr gehypt, oder ist es so, dass sich da eine ganze Industrie und auch die Ärzte darauf einstellen, was die Patienten oder was die Menschen wollen oder schaukelt sich das gegenseitig hoch.

00:06:10: Ja, wahrscheinlich kommt es schon von beiden Seiten.

00:06:13: Aber ich denke, der Wunsch, gesund alt zu werden, der ist auch nachvollziehbar.

00:06:17: Also was gibt es jetzt für größere Privilegien?

00:06:20: Soll ich mir jetzt noch ein größeres Auto kaufen oder noch eine teurere Fernreise machen?

00:06:26: Oder soll ich da rein investieren, dass ich sage, Mensch, ich gönne mir noch ein paar zusätzliche Lebensjahre und die bei guter Gesundheit und Vitalität.

00:06:34: Also finde ich eine tolle Sache, wenn das verlangt wird und wenn wir da was tun können.

00:06:40: Das Thema scheint ja bei Privatärztinnen und Privatärzten wirklich angekommen zu sein.

00:06:44: Vor dem Tag der Privatmedizin, der dies ja wieder im November in Frankfurt stattfindet, wird eine Fortbildung zum Tätigkeitsschwerpunkt angeboten.

00:06:53: Mehr Workshops beschäftigen sich mit dem Thema, was macht das attraktiv für privatmedizinisch interessierte Ärzte?

00:07:01: Also, zum einen ist es tatsächlich natürlich schon ein neues Thema.

00:07:04: Also, auch wenn ihre Mutter da vielleicht schon in den Siebzigerjahren ein bisschen was gemacht hat, so in einem Arm von Kur aufenthalten und so weiter.

00:07:11: Insgesamt ist der Begriff Longevity eigentlich doch relativ neu.

00:07:15: Auch das, was dahinter steckt, ist relativ neu.

00:07:20: Ärzte sind eben nicht nur sozusagen in der Reparaturmedizin unterwegs, sondern Ärzte sind natürlich auch verantwortlich für Prävention.

00:07:31: Das ist auch gerade bei mir so.

00:07:32: Gynäkologen haben immer schon sehr präventiv gearbeitet.

00:07:35: Und wenn jetzt Prävention tatsächlich auch noch mal substanziell unterfüttert wird im Rahmen von Longevity, dann ist das doch eine tolle Sache.

00:07:43: Also ich finde es eine schöne Sache, dass ich Longevity tatsächlich jetzt so durchsetzt.

00:07:48: Ich kenne ja auch noch die Zeiten, als das nicht so war.

00:07:51: Also, als ich da vor fünf, zwanzig Jahren mit angefangen habe.

00:07:55: Da wurde man eigentlich eher belächelt und auch ein bisschen lächerlich gemacht.

00:07:59: Wenn man sagt, also ich mache Anti-Aging-Medizin, also ich hatte einen Freund, der hat mir damals mal gesagt, Mensch, mach doch mal eine Gesellschaft zur Verhinderung des Sonnenuntergangs, da hast du wahrscheinlich mehr Erfolg mit.

00:08:09: Und wenn man das alles so mitbekommen hat, dann genießt man das natürlich auch, wenn jetzt Longevity vom Zonenrandgebiet der Medizin tatsächlich zum Mainstream wird und sogar zur Avongarde.

00:08:21: Aber ein bisschen kritisch möchte ich doch noch mal nachfragen.

00:08:23: Gibt es an der Medizin nicht drängendere Probleme, als für zahlungskräftige Patienten Mittel und Wege zu finden, wie sie gesund alt werden können und vielleicht sogar deutlich älter als bisher, spreizt sich die Medizin hier nicht?

00:08:38: fast sogar auf in Medizin für Reiche und Medizin für Arme, die sich so was nicht leisten können und unter dem Mangel an Arztzeit leiden, wenn sie mit ihren chronischen Erkrankungen einen Termin brauchen.

00:08:50: Passt das irgendwie zusammen?

00:08:51: Ja, das passt schon zusammen.

00:08:52: Und zwar auch deshalb, weil Longevity Medizin nicht notwendigerweise nur eine Medizin für Reiche ist.

00:08:58: Also dieser Eindruck entsteht manchmal, wenn man gewisse Artikel liest und Veröffentlichungen dazu oder auch im Internet surft.

00:09:07: Da gibt es Leute wie Brian Johnson.

00:09:09: Das ist ein amerikanischer IT-Millionär, der gibt zwei Komma fünf Millionen Dollar ein Jahr für seine Selbstverjüngung aus.

00:09:15: Aber prinzipiell muss man sagen, Das, was in der Longevity Medizin tatsächlich etabliert ist und am besten wirkt, kostet ja alles kein Geld.

00:09:24: Also aufhören zu rauchen, kostet kein Geld, spart ihnen Geld.

00:09:28: Weniger Essen, Kalorienrestriktion ist gut etabliert in der Anti-Agent Medizin.

00:09:33: Weniger Essen kostet auch kein Geld, spart ihnen eher Geld.

00:09:36: Regelmäßig Sport machen, sich die Sportschuhe anziehen und abends noch mal durch den Park socken, kostet auch kein Geld.

00:09:42: Soziale Kontakte pflegen, kostet kein Geld, wenn man jetzt nicht bei jedem treffen gleich eine Champagnerflasche aufmacht.

00:09:48: Ausreichend schlafen, kostet kein Geld.

00:09:50: Das ist auch die Basis von longevity Medizin, nicht irgendwelche abgehobenen Dinge, die da vielleicht ein paar Leute im Internet vortouren.

00:09:57: Das ist die Basis von longevity und das ist für jedermann erschwinglich.

00:10:02: Also insofern ist das dann auch nicht nur ein Thema für Privatmediziner, sondern durchaus auch für Kassenärzte, die eine gesunde Prävention mit ihren Patienten betreiben.

00:10:13: Jetzt die Evidenz für so was wie joggen durch den Park oder vielleicht weniger essen und rauchen aufhören, die ist ja eigentlich ganz klar gegeben und inzwischen, glaube ich, vielfältig nachgewiesen.

00:10:26: Wie sieht es denn aus, wenn wir dann doch mal in die etwas abgehobeneren Teile der Longevity Medizin kommen?

00:10:34: Wie sieht es damit der Evidenz aus?

00:10:36: Also, da gibt es natürlich sozusagen nicht die prospektiven, randomisierten, doppelblinden, placebo-kontrollierten Studien, wo ich jetzt sage, also dem gebe ich jetzt tatsächlich das und dem gebe ich das nicht.

00:10:50: Und dann gucke ich mir den klinischen Endpunkt an, wann der eine stirbt und wann der andere nicht stirbt.

00:10:55: Also, wenn ich zum Beispiel bei einem Fünfzigjährigen anfange mit einer Anti-Aging-Therapie oder Longevity-Therapie, dann hat er natürlich dreißig Jahre Lebenszeit noch vor sich und dann müsste ich sozusagen ... den auch dreißig Jahre lang beobachten, um zu gucken, lebt er jetzt länger als andere und hat dann auch eine Vergleichsgruppe.

00:11:11: Also das ist unter diesen Kriterien natürlich schwierig.

00:11:14: Aber was wir jetzt zum Beispiel haben, sind so genannte epigenetische Tests.

00:11:19: Also das sind Teste auf biologisches Lebensalter.

00:11:23: Unterscheiden jetzt zwischen chronologischem und biologischem Lebensalter, also chronologisch gungshalt in ihren Personalausweis.

00:11:29: Da steht ein Gewürfstatum drin, dann können sie ausrechnen, wie alt sie sind.

00:11:32: Biologisch kann man jünger sein oder älter.

00:11:35: Das kann man vielen ansehen.

00:11:36: Inzwischen kann man es auch messen.

00:11:38: Das sind, wie gesagt, der epigenetische.

00:11:42: Und das hat uns schon sehr vorangebracht.

00:11:44: Das heißt also, jetzt kann ich tatsächlich auch sagen, okay, ich messe jetzt bei bestimmten Leuten erst mal ihr biologisches Lebensalter, dann mache ich eine gewisse Intervention, gibt ein bestimmtes Supplement, ein Medikament, eine Lebensstilintervention und dann messe ich halt nach einem Jahr oder nach einem halben Jahr noch mal.

00:12:02: Und dann sehe ich, hat er sich biologisch verjüngt oder nicht?

00:12:06: Zum Beispiel in Amerika gibt es die sogenannte Trim Studie, also T-R-I-I-M.

00:12:12: Da hat man so einen Cocktail gegeben aus Wachstumsformen mit Formin und D-H-E-A.

00:12:18: Und da hat man genau das gemacht.

00:12:19: Das heißt, man hat dann den Teilnehmer dieser Studie vorher über diese epigenetische Glock.

00:12:27: Das biologische Lebensalter gemessen hat dann ein Jahr lang diese Studie gemacht, hat dann wieder gemessen und hat gesehen, die sind tatsächlich junger geworden.

00:12:34: Also wir haben da schon inzwischen auch Instrumentarien an der Hand, um die Evidenz tatsächlich auch solcher Maßnahmen zu belegen.

00:12:42: Das klingt spannend.

00:12:44: Gibt es denn schon Leitlinien in diesem Bereich, an denen sich Ärztinnen und Ärzte orientieren können?

00:12:49: Nein, es gibt noch keine Leitlinien, es gibt auch noch nicht das Studienfach Longevity Medizin an der Uni und es gibt auch noch sozusagen nicht den Facharzt für Anti-Aging oder Longevity Medizin und insofern gibt es da tatsächlich auch noch keine Leitlinien.

00:13:03: Aber klar, wir versuchen das natürlich schon auf eine möglichst solide Basis aufzustellen.

00:13:09: Wir haben inzwischen ja auch weltweit ganz andere Leute im Bereich Longevity, die da tätig sind.

00:13:14: Also das ist David Zinkler, der ist Chef in Harvard für Genetik.

00:13:20: Wir haben Yamanaka, der Nobelpreis bekommen hat für die Yamanaka Faktoren.

00:13:25: Wir haben Zellen wieder reprogrammiert.

00:13:27: Also da sind schon viele Hochkaräter in diesem Bereich inzwischen auch unterwegs.

00:13:32: Können Sie mit breiter Brust denn schon behaupten, Sie haben jetzt gesagt, die epigenetischen Tests zeigen bei bestimmten Anwendungen oder bei bestimmten Gabel von Medikamenten oder Supplementen, dass tatsächlich eine Verjüngung feststellbar ist nach einem Jahr, aber können Sie mit breiter Brust schon behaupten, dass das leistungsversprechende Anti-Aging-Medizin oder von Longevity tatsächlich eingehalten wird?

00:13:57: Naja, es gibt halt nicht die Longevity oder die Anti-Aging-Medizin, das ist inzwischen tatsächlich auch ein breiter, aufgefächertes Feld.

00:14:05: Da sind ja auch gar nicht nur Ärzte unterwegs, da sind auch teilweise Therapeuten unterwegs, da sind auch Leute im Internet, die ihnen das Blaue vom Himmel versprechen.

00:14:14: Klar,

00:14:14: immer wenn etwas auf zur Mode wird und das ist im Moment auch ein bisschen Mode, dann springen da auch Leute auf den Zug drauf, die doch vielleicht eher Verkaufsinteressen haben als medizinische Interessen.

00:14:25: Also da gebe ich durchaus zu, dass das auch ein grauer Markt ist, wo sich tatsächlich auch eine Reihe von Wichtig-Touren oder Geschäftsleuten tummeln.

00:14:35: Aber insgesamt versuchen wir schon, das Thema longevity tatsächlich auf eine sehr seriöse Grundlage zu bringen, zum Beispiel auch mit solchen Kursen, wie wir sie jetzt in Frankfurt auf dem Tag der Privatmedizin machen.

00:14:46: Und da wird dann aufgeklärt über alle möglichen Methoden und aber auch, wie man das dann in den Praxisalltag integriert oder wie sieht das dann aus?

00:14:55: Genau, also zunächst mal betreiben wir ja auch Longevity-Medizin, so wie wir auch Medizin sonst betreiben.

00:15:01: Das heißt also, erst mal muss man erst mal herausfinden, was lässt uns denn eigentlich altern?

00:15:06: Da haben wir zum Beispiel auch in den letzten Jahren unglaublich viel dazugelernt.

00:15:09: Da gibt es eine tolle Arbeit, Verrohenmarks of Aging, von im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr auf molekularer Grundlage, also das ist Silent Information, das ist Verlust der mitochondralen Funktion, das ist Stammzellverlust, das ist Telomere Verkürzung und so weiter.

00:15:30: Also kann ich jetzt nicht alles aufzählen, aber das ist tatsächlich sehr, sehr gut beschrieben.

00:15:34: Und darauf aufbauen kann man tatsächlich auch dann Therapien entwickeln.

00:15:38: und das versuchen wir, das heißt also erst mal Altern verstehen, das sind die entscheidenden Alterungsfakturen, dann möglich auch möglichst auch alter Messen.

00:15:49: Das sind nicht nur die epigenetischen Tests, sondern bestimmte Dinge kann man ja auch sehr, sehr schön tatsächlich messen.

00:15:55: Seinland Inflammation, also chronisch niederschwellige Entzündungsprozesse, geht zum Beispiel mit erhöhten Spiegeln von heißen, von frohlen hoch sensitiven CHP.

00:16:02: Einherr Lukierung, Verzuckerung ist ein wichtiger Alterungsfaktor, da können wir haben.

00:16:09: Wie die Diabetologen auch, habe ich ein C messen.

00:16:12: Also da haben wir auch einiges an der Hand, um dann tatsächlich altern erstmal zu messen.

00:16:18: Und dann kommen halt dann tatsächlich als nächstes dann die entsprechenden Therapien.

00:16:22: Also zum Beispiel gesagt Gluckierung, Verzuckerung ist ein Alterungsfaktor.

00:16:26: Da macht jetzt zum Beispiel ein uraltes Diabetes-Medikament, nämlich Metformin, macht jetzt eine zweite Karriere als Longevity-Medikament, weil das diese Gluckierung tatsächlich herunter regelt.

00:16:36: Und das hat jetzt noch keine offizielle Zulassung im Bereich Longevity, aber wird eben auch vielfach schon eingesetzt als sogenanntes Repurposed Drug.

00:16:46: Also das heißt also als ein Pharma-Kon, was sozusagen schon lange auf dem Markt ist, aber jetzt eine neue Indikation bekommt im Longevity-Bereich.

00:16:55: Wir wollen gleich noch mal ein bisschen dazu kommen, wie man das dann einbaut in die tägliche Medizin.

00:17:01: Vielleicht eine Frage noch mal.

00:17:03: Was ist eigentlich das Ziel der Longevity Medizin?

00:17:07: Also heißt das dann gesundaltern bis oder gesundaltern bis hundertdreißig?

00:17:15: Also ich krieg da erst mal einen Schreck, wenn ich höre, dass jemand so ganz furchtbar alt wird.

00:17:20: Das ist immer noch was Besonderes.

00:17:22: Wird das nachher normal, wenn sich die Longevity Medizin durchsetzt?

00:17:27: Also ein Nahtziel würde ich jetzt erst mal sagen, mit hundert gesund in die Kiste.

00:17:31: Ob man hundertreißig wird, wird wahrscheinlich so schnell noch nicht kommen.

00:17:35: Viele sagen, dass doch hundertzwanzig so ungefähr die biologische ... Obergrenze ist, also mit dem, was wir heute so erreichen können.

00:17:43: Also es gibt eine Französin, Jean-Calmon, die ist siebenneinzig gestorben im Alter von hundertzweiundzwanzig Jahren.

00:17:50: Seitdem ist niemand älter geworden.

00:17:52: Also das scheint so ein bisschen die maximale Lebenserwartung zu sein.

00:17:56: Dann gibt es natürlich auch, ich sagte Longevity ist inzwischen ein weites Feld.

00:18:00: Die Leute, ich habe mal vor einigen Jahren im Buch geschrieben, fünfzehn Jahre länger leben.

00:18:04: Da haben manche Leute gesagt, was verspricht ihr den Leuten?

00:18:07: Da ist das noch seriös.

00:18:08: Das heißt aber im Prinzip, man kommt so an die Hundert-Jahres-Kränze ungefähr an.

00:18:12: Viele im Longevity-Bereich sagen inzwischen, fünfzehn Jahre länger leben ist ja kinderkram.

00:18:17: Wir wollen zweihundertfünfzig Jahre alt werden.

00:18:20: Also David Zinkler zum Beispiel sagt, woraus?

00:18:22: dass in dreißig Jahren tatsächlich zweihundert, zweihundert, fünfzig Jahre die durchschnittliche Lebenserwartung sein wird.

00:18:29: Da brauchen wir dann aber tatsächlich eine andere Medizin.

00:18:31: Also zurzeit machen wir eben viel präventive Medizin.

00:18:34: Damit können wir altern den Alterungsprozess verlangsamen.

00:18:38: Aber so am Horizont zeichnet sich ab der Schritt von der präventiven zur regenerativen Medizin.

00:18:44: Das heißt, Da werden wir dann tatsächlich die biologische Uhr wieder zurückdrehen können, sei es durch Stammzellen, sei es durch epigenetische Reprogrammierung, sei es durch Gewebe, Nachzüchtung und so weiter.

00:18:58: Und wenn das funktioniert, dann sind auch diese hundertzwanzig Jahre nicht mehr das Limit nach oben, dann ist tatsächlich durchaus denkbar, dass man dann nicht mit hundertgesund in die Kiste geht, sondern sich mit zweieinhalbzig auch noch zum Surfen am Strand trifft.

00:19:13: Ja, das ist aber für mich fast eher erschreckend, muss ich ehrlich gesagt.

00:19:18: Na ja, warum haben die Leute denn Angst vom Alter?

00:19:20: Nicht vor dem Alter selber, sondern die haben ja Angst davor, dass mit dem Alter verbunden ist, Krankheiten, Invalidität.

00:19:27: Ich kann bestimmte Dinge nicht mehr tun.

00:19:28: Davor haben die Leute ja Angst.

00:19:30: Wenn Sie alt werden und dabei gesund bleiben und vital bleiben, warum sollte man vom Alter Angst haben?

00:19:35: Dann sagen Sie mal den Gewerkschaften, dass bis zum Alter von Hundert Achtzig bitte gearbeitet werden soll.

00:19:41: Ja, das muss natürlich dann sein.

00:19:43: Also, man kann da nicht zwar eine Fünfzig Jahre alt werden und in drei Sechzig in Rente gehen.

00:19:47: Das ist schon klar.

00:19:48: Da muss dann vieles andere noch neu überdacht werden.

00:19:50: Ich werde inzwischen übrigens auch häufig von allen möglichen Leuten eingeladen.

00:19:56: Vor Kurzem war ich bei Rentenversicherungen in Österreich.

00:20:00: Den steht natürlich der kalte Angstschweiß auf der Stirnweise dieser Vorstellung.

00:20:05: Gut, dann kommen wir zum Schluss noch mal zur praktischen Seite.

00:20:09: Sie haben jetzt gesagt, Sie haben noch eine kleine Privatsprechstunde.

00:20:12: Insofern ist das jetzt glaube ich nicht so schwer einzubauen.

00:20:15: Aber wenn ich jetzt eine Praxis habe, die normal läuft mit vielen, vielen Patienten, wie baue ich da so eine Anti-Aging-Medizin ein?

00:20:26: Neben den Patientinnen und Patienten mit akuten Erkrankungen, neben der üblichen Vorsorge und so weiter?

00:20:33: Würden Sie da eine eigene Sprechstunde anbieten, um das zu trennen?

00:20:37: Oder ist das Teil des normalen Praxisgeschehens?

00:20:42: Also, da brauchen Sie schon eine eigene Sprechstunde für, weil Longevity ist ganz viel sprechende Medizin.

00:20:48: Und wenn Sie da einmal mit anfangen, da kommen auch ganz viele Fragen von den Patienten und von Patienten.

00:20:54: Also auch, wie soll ich mich ernähren?

00:20:56: Und da geht es ja dann auch um Sport und um Entspannungstechniken und, und, und.

00:21:00: Und da sind Sie dann eben schnell auch bei einer halben Stunde, mindestens, die Sie da reden müssen.

00:21:06: Wenn Sie das im normalen Praxisalltag eines Kassenarztes machen, können Sie nach sechs Wochen Ihre Praxis.

00:21:11: machen auch.

00:21:12: Also ich denke, das geht tatsächlich nur mit gesonderten Sprechstunden.

00:21:16: Da biete ich das an.

00:21:17: Da kann man sogar überlegen, ob man das auch in Form eines praxisparallelen Institutes macht, wo man dann eben auch nicht mehr... unbedingt an EBM und GOE gebunden ist.

00:21:30: Also da kann man vielleicht auch mal mit seinem Steuerberater reden, wie man das am besten macht.

00:21:35: Aber definitiv muss das in Form von gesunden, gesonderten Sprechstunden laufen, weil sonst kriegen sie das einfach bei dem, was sozusagen ärztlich vergütet wird, nicht wieder rein ihren Beratungsaufstand.

00:21:50: Das heißt also Anti-Aging-Medizin oder Longevity-Medizin ist auf jeden Fall auch sprechende Medizin?

00:21:56: Ja, ganz viel.

00:21:58: Wir hatten ja gesagt, Lebensstil steht eigentlich am Anfang und ist weiterhin die Basis und insofern ist das natürlich ganz viel sprechende Medizin und da brauche ich Ihnen nichts zu erzählen, dass das im ärztlichen Bereich immer noch schlecht vergütet wird und da muss man halt dann gucken, wie das dann anders läuft.

00:22:14: Auch in der GOL ist das ja nicht besonders gut.

00:22:17: Ja, da gibt es die Ziffer drei und die Ziffer vier und dreißig.

00:22:20: Und ich kann nicht für dreißig oder vierzig Euro, kann ich mich nicht in drei, vier Stunden mit dem Patienten hinsetzen und mit dem dann longevity Medizin machen.

00:22:28: Da ist dann die Hoffnung, die neue GOE, aber die ist noch weit weg.

00:22:33: Gut, wenn jetzt jemand sagt, jetzt habe ich das mir angehört und ich würde das tatsächlich jetzt machen wollen.

00:22:40: Wie wäre da ein mögliches Einstiegsszenario für einen Kassenarzt?

00:22:45: Gibt es da Einstiegs-Dinge, die man vielleicht am Anfang machen kann und dann arbeitet man sich dann tiefer rein?

00:22:53: oder wie würden sie da vorgehen?

00:22:55: Ja, also das haben wir ja alle nicht an der Uni gelernt, das haben wir ja auch alle nicht in unseren entsprechenden Pharmatausbildungen gelernt, das heißt also Stufe Eins ist immer erst mal sich da auch kompetent machen.

00:23:06: Und da gibt es Kurse dafür, zum Beispiel jetzt in Frankfurt auf dem Privatärztetag machen wir diesen TSB-Tag, dann habe ich diese Gesellschaft, GSAM, German Society of Anti-Aging Medicine, die bietet zum Beispiel Wochenendkurser an für Anfänger, für Fortgeschrittene und so weiter.

00:23:23: wo ich einfach die Grundlagen der Longevity Medizin dann erlerne.

00:23:26: Und das ist erstmal die Basis für alles.

00:23:29: Also wer keine Kompetenz hat, der braucht in dem Gebiet auch nicht antreten.

00:23:35: Und dann kann man loslegen.

00:23:36: Dann kann man zwar ein wenig loslegen, ja.

00:23:39: Okay, das haben Sie vor ca.

00:23:40: von zwanzig Jahren gemacht.

00:23:42: Jetzt sind Sie da sehr weit gekommen und würden das auch weiter empfehlen?

00:23:50: Jeder muss seinen persönlichen Weg gehen.

00:23:51: Also ich fand es eine tolle Sache, dass ich das so frühzeitig entdeckt habe, dass ich mich da spezialisiert habe, weil ich auch finde, ja, da tut sich auch so wahnsinnig viel.

00:24:02: Also es sind ja Ernährungsmedizin, Endocrinologie, neue Technologien.

00:24:07: Jetzt sehen wir zum Beispiel auch das Zusammenwachsen von longevity und künstlicher Intelligenz.

00:24:12: Das sind so zwei Zukunftsthemen auch.

00:24:14: Also da kommt permanent immer irgendwas Neues.

00:24:18: Und das finde ich inzwischen auch spannender als Gynäkologie.

00:24:20: Also Pilipap und Pilz, da hat man mal irgendwann drauf und da muss auch was Neues kommen und das kommt für mich tatsächlich aus der longscher Medizin.

00:24:27: Aber um Pilipap und Pilze müssen sich auch weiterhin Ärztes zu machen.

00:24:30: Das ist richtig,

00:24:30: ja.

00:24:32: Das mache ich ja auch noch weiterhin.

00:24:33: Aber neue Herausforderungen im Leben, neue Dinge lernen, ist ja auch ein Part von Longevity.

00:24:40: Und ein weiterer Aspekt kommt ja noch dazu.

00:24:42: Ich bin ja jetzt auch sechsundsechzig.

00:24:44: Das heißt also, da macht man ja all diese Dinge nicht nur für seine Patienten.

00:24:47: Die macht man auch dann irgendwann für sich selber.

00:24:50: Machen Sie das für sich selbst?

00:24:51: Ja, ich mache das für mich selbst.

00:24:52: Also ich mache nicht diesen Rigiden-Longevity-Plan, wie das so Brian Johnson macht, also nur zwei Malzeiten am Tag und nur vegan und kein Alkohol und sonstiges.

00:25:02: Also ich habe da eher so diesen Ansatz, Longevity geht auch mit

00:25:07: Genuss

00:25:08: und das finde ich auch ganz schön und ich denke, das funktioniert auch.

00:25:14: Okay, darf ich ganz indiskret fragen, wie alt sind Sie denn biologisch?

00:25:18: Also da kann ich Ihnen sogar zwei Antworten nehmen, weil ich habe diesen epigenetischen Test, habe ich einmal aus dem Speichel gemacht, einmal aus dem Blut.

00:25:27: Nach Speicheltest bin ich fünf Jahre jünger und nach Bluttest bin ich sieben Jahre jünger, was mich sehr beruhigt, weil der Bluttest ist eigentlich der genauere.

00:25:35: Okay, das heißt, Sie arbeiten auch noch ein bisschen länger.

00:25:37: Genau, Ruhestand ist verbrechen.

00:25:40: Okay.

00:25:41: Gut, Herr Professor Kleine-Gung, vielen Dank dafür, dass Sie sich den kritischen Fragen gestellt haben.

00:25:46: Sie haben ein sehr lebendiges Bild der Anti-Aging-Medizin oder Longevity-Medizin gezeichnet.

00:25:53: Wir sehen uns auf dem Tag der Privatmedizin und ich bin sehr gespannt, wie sehr die Veranstaltungen dort zu Longevity ziehen werden.

00:26:01: Da gibt es ja dann auch noch Workshops und so weiter.

00:26:04: Also mal sehen, wie die Ärzte darauf ansprechen.

00:26:07: Wir haben das ja letztes Jahr schon mal gemacht.

00:26:09: Die Workshops waren voll und die Seele waren sogar überfühlt.

00:26:14: Also ich denke nicht, dass das dieses Jahr anders sein wird.

00:26:16: Okay,

00:26:17: also Longevity bleibt ein Boomthema.

00:26:20: Die Entwicklung wird sicherlich weitergehen, die Diskussion um die richtige Priorisierung in der Medizin vielleicht auch.

00:26:27: Alles Gute für Sie.

00:26:28: Danke schön.

00:26:29: Und auch wieder vielen Dank fürs Zuhören.

00:26:31: Bis zum nächsten Ärzte-Tag.

00:26:32: Tschüss.

Über diesen Podcast

ÄrzteTag - der Podcast der "Ärzte Zeitung". Wir blicken kommentierend und persönlich auf den Tag, wichtige Ereignisse und Meilensteine. Wir laden Gäste ein, mit denen wir über aktuelle Ereignisse aus Medizin, Gesundheitspolitik, Versorgungsforschung und dem ärztlichen Berufsalltag reden.

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